Finanzielle Belastungen - Beiträge

Freie Wählergruppe:
Herr Ortsbürgermeister, lieber Jochen, in Teil 2 hattest Du angedeutet, dass viele Dinge im Ort zukunftsfähig aufgestellt oder für viele Dinge die Weichen gestellt wurden. Wie wir alle wissen, sehen ja die finanziellen Leistungen der rheinland-pfälzischen Kommunen sehr düster aus und das Land macht eher Andeutungen die Situation noch zu verschlimmern. Wie sehen denn die einzelnen Dinge in Weitersburg aus?

Ortsbürgermeister:
Die finanzielle Situation in der Gemeinde ist zunächst mal nicht schlechter wie die in anderen umliegenden Gemeinden. Der Bürgermeister der Verbandsgemeinde, sowie ich und auch der Kämmerer haben das mehrfach in Sitzungen und Versammlungen vorgestellt, aber es ist eben auch ein sehr komplexes Thema und nicht in 2 Minuten zu erklären. Alleine schon den Investitions- und Liquiditätskrediten oder den Steuern müssten wir mehrere separate Interviews widmen.
Vielleicht fangen wir mal mit einem aktuellen Thema an was weder Kredite noch Steuern ist, aber die Bürger auch finanziell belastet - nämlich Beiträge.

Freie Wählergruppe:
Eine gute Idee. Schulden und Steuern notieren wir mal. Dann sprechen wir über Beiträge?

Ortsbürgermeister:
Gerne. Also, die Ortsgemeinde Weitersburg hat Beitragssatzungen erlassen, wobei hier vor allem folgende zu nennen sind:

  1. Die Erschließungsbeitragssatzung
  2. Die Wiederkehrende Beiträge Satzung für den Ausbau von Verkehrsanlagen

Die Erschließungsbeitragssatzung ist relevant bei der Herstellung von Erschließungsanlagen. Die Gemeinde hat demnach 10% der beitragsfähigen Kosten zu übernehmen, der Rest die Anlieger. Teuer wird die Angelegenheit, wenn Anlieger eine nachträgliche “Erst"erschließung, z.B. einer Straße, möchten.
Die Kosten werden zu 90% auf nur ganz wenige Anlieger verteilt, was schnell fünfstellige Eurobeiträge erreichen kann. Wir hatten in vergangenen Jahren schon solche Forderungen auf dem Tisch, nach den Kostenermittlungen dann aber verworfen.

Die Wiederkehrende Beiträge Satzung ist hier wohl die interessante. Alle Anlieger, außer die im Außenbereich wohnen, leisten im 5-Jahresturnus wiederkehrend Beiträge für den Ausbau von Verkehrsanlagen.
Der Gemeinderat legt fest, welche Gemeindestraßen in diesem 5-Jahreszeitraum ausgebaut werden sollen. Die Kosten werden ermittelt und auf die Anlieger in der betreffenden Abrechnungseinheit und auf 5 Jahre aufgeteilt umgelegt. Je nach Abrechnungseinheit trägt die Gemeinde dabei einen Kostenanteil von 20% - 35%.

Freie Wählergruppe:
Auf die Weise werden alle Gemeindestraßen nach und nach ausgebaut?

Ortsbürgermeister:
So wurde es vom Gemeinderat vor ungefähr 15 Jahren angedacht. Mit der Einführung des 5-Jahresturnus und im Bewusstsein, dass das viele Jahrzehnte in Anspruch nimmt. In dem Zusammenhang ist ja immer wieder von solidarischer Verteilung der Kosten gesprochen worden, also “jeder” Anlieger zahlt anteilig für den Ausbau der Gemeindestraßen. Das ganze wird natürlich schräg, wenn die Gemeinde das irgendwann abbrechen sollte.

Freie Wählergruppe:
Was wurde denn bisher so durchgeführt?

Ortsbürgermeister:
Bisher wurden meiner Kenntnis nach davon, bei aktuell 38 Gemeindestraßen, ausgebaut:

  • Steinackerstraße 2010 (3 Monate) ca. 180 Meter
  • Grüner Weg 2012-2013 (9 Monate) ca. 260 Meter
  • Ringstraße 2015 (8 Monate) ca. 290 Meter
  • Keltrisstraße mit Regenrückhaltebauwerk 2019 (8 Monate) ca. 90 Meter
  • Am Sonnenberg 2019 - 2020 (9 Monate) ca. 200 Meter
  • Alte Vallendarer Straße (voraussichtlich 9 Monate) ca. 270 Meter

Die Ausbauprojekte ab 2015 habe ich als Ortsbürgermeister begleitet. Steinackerstraße, Grüner Weg und Ringstraße waren Teilstücke von Straßen. Keltrisstraße, Sonnenberg und Alte Vallendarer Straße dagegen komplette Straßen. Keltrisstraße war von der Kanalisation her mit einem Regenüberlaufbauwerk eine Herausforderung und musste zudem mit dem Ausbau Sonnenberg abgestimmt werden. Sonnenberg war wiederum eine Herausforderung wegen der Coronapandemie.
Der stressigste Ausbau ist bisher die Alte Vallendarer Straße. Das war die größte Ausbauherausforderung in Planung, Vorbereitung und Durchführung.

Freie Wählergruppe:
Warum war gerade die Alte Vallendarer Straße so herausfordernd?

Ortsbürgermeister:
Zu berücksichtigen war hier ein Wendehammer, eine Einmündung in die Kreisstraße, eine Kreuzung mit den Straßen Auf dem Sand und Peter-Friedhofen-Straße, etliche anzupassende Eigentumsverhältnisse bei Überschneidungen zu den anliegenden Grundstücken und zu guter letzt auch das 170 Meter lange Sackgassen-Teilstück.
Bisher konnten während den Bauphasen die Anlieger immer irgendwie an ihre Grundstücke gelangen. Wenn die eine Seite gebaut wurde, dann über die andere. Das ist bei einer Sackgasse nicht möglich gewesen. Ich muss aber Anliegern und Baufirmen hier echt ein Lob aussprechen, man hat sich arrangiert und es hat funktioniert. In wenigen Tagen soll die Straße fertiggestellt sein. Es wird auch wirklich Zeit. Die Anlieger haben enorm Geduld bewiesen.

Freie Wählergruppe:
Dann sind ja noch einige Straßen zu machen. Wie sieht denn der Plan aus?

Ortsbürgermeister:
Vorgesehen ist aufgrund Gemeinderatsbeschluss, dieses Jahr noch mit der Planung der nördlichen Ringstraße zu beginnen. Danach soll dann im nächsten Jahr die Planung Schulweg kommen und dann der Ausbau der beiden Straßen.
Insbesondere die nördliche Ringstraße wird eine neue große Herausforderung. Die Erschließungsverhältnisse im Bereich der Gehwege sind teilweise sehr schwierig und noch andere Tücken. Es handelt sich um gut 550 Meter recht breite Straße mit teilweise fehlendem Gehweg und einem nicht einfachen Kreuzungsbereich Ringstraße, Keltrisstraße, Steinackerstraße und Wäschbachstraße. Bei den aktuellen Baukosten wird das eine große Herausforderung.
Wie der Ausbau der Gemeinde-Verkehrsanlagen zukünftig noch finanziert werden soll, wird noch spannend. Das ist eine ernst zu nehmende regelmäßige Belastung des Gemeindehaushalts.

Freie Wählergruppe:
Und das zahlen alles die Anlieger im Ort, oder?

Ortsbürgermeister:
Die Gemeinde trägt das immerhin mit 20 - 35% mit. 150 - 200.000 Euro fallen da gerne mal für die Gemeinde an. Das könnte man eventuell mit Krediten abfangen.
Aber Kredite sind eben Schulden und die muss man nun mal auch zurückzahlen bzw. tilgen. Ergo erhöhen sich jährlich die Tilgungsraten, welche die Gemeinde erbringen muss und das belastet die Liquidität der Gemeinde ordentlich.

Dazu kommt, dass Rheinland-Pfalz scheinbar noch das einzige Bundesland ist, in dem “verpflichtend” die Straßenausbaubeiträge von Anliegern erhoben werden. Wenn das zukünftig wegfallen sollte, wäre einerseits die Frage, wie gerecht ist das für die Anlieger, die bisher den Hauptteil gezahlt haben? Und, wo kommt denn dann die Finanzierung des Ausbaus her?
Was letztendlich sein wird kann wohl keine Glaskugel beantworten. Aber ich vermute stark, dass sich die finanzielle Situation in dieser Sache verschlimmert. Selbst Bund, Land und Kreise kommen ja mit ihren Straßensanierungen nicht bei, da wird sicher nicht noch großzügig Geldmittel für den Ausbau der Gemeindestraßen weitergeleitet.

Freie Wählergruppe:
Finanzierung, Kredite, Einnahmen, das scheint wohl das A und O zu sein. Danke für die Info wir freuen uns auf Teil 4.