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Schulden machen rächt sich. Sparen aber auch ...
Aus der Ortsgemeinderatssitzung vom 06.02.2025

Sehr geehrte Herren Bürgermeister, Sehr geehrte Beigeordnete, liebe Ratskolleginnen und -kollegen,

Nach recht intensiven Beratungen innerhalb der FWG-Fraktion, möchten wir zum Haushaltsentwurf 2025 Stellung nehmen.

Die Aufsichtsbehörde fordert seit Jahren einen ausgeglichenen Haushalt, zuletzt mit deutlicher Erhöhung der Hebesätze. Dem wurde nach dem zuerst nicht genehmigten Haushalt 2023 gezwungenermaßen nachgekommen. Aber wir sehen, das reicht bei weitem nicht aus. Mit Blick auf den Haushaltsentwurf ist das auch offensichtlich.

Die Gemeinde spart sich einen ab, und das Eingesparte verpufft augenblicklich in höheren Umlagen und höheren Pflichtausgaben. Umlagen steigen beispielsweise stetig, die Einnahmen der Grundsteuer B sind dagegen gleich. Beziehungsweise, um die steigenden Umlagen auszugleichen, müsste laut Aufsichtsbehörden und Verwaltung theoretisch ebenfalls stetig die Hebesätze erhöht werden (ansonsten ist es ja nur ein einmaliger Effekt), was wir als völligen Nonsens ansehen. Kreisverwaltung und Verbandsgemeinde haben es leicht, sie müssen “keine” Hebesätze, verbunden mit zusätzlichen Belastungen der Bürger, erhöhen. Sie erheben Umlagen von den Ortsgemeinden sofern ihre Finanzmittel nicht ausreichen. Über 2,6 Mio Umlagen, die die Ortsgemeinde 2025 an Kreis und Verbandsgemeinde zahlen soll.


Von den wichtigsten Umlagen, Steuereinnahmen und -ausgaben bleiben der Ortsgemeinde damit nach HH-Entwurf rund 763.000 € an Netto-Einnahmen, 21,8 % von den Bruttoeinnahmen.
2021 waren es 1 Mio Netto was 31% der Bruttoeinnahmen ausmachte. Also 10% mehr.

Woran das gelegen hat?

Einerseits waren bspw. die beiden eben genannten Umlagen zusammen eine halbe Million niedriger und die Gewerbesteuer um 200.000 höher als jetzt, und ich möchte nur kurz anmerken, dass die Gewerbesteuer damals 1 Mio höher war als noch 2010.
Das nannte 2019 die in der Mehrheit befindliche Opposition in einer Haushaltsrede, ich zitiere:

“… eine erfreuliche Entwicklung, aber leider nur ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn es darum geht, den Gemeindehaushalt nachhaltig zu konsolidieren.”

Unsinnige Aussagen zu Gewerbesteuereinnahmen, die 2019 schon 27% der wichtigsten Steuereinnahmen ausmachten.
2021 sogar 35%. Die damalige Mehrheit im Rat hatte sich für einen rabiaten Sparkurs entschieden.
“Hilf dir selbst, dann wird dir geholfen” galt nicht in Weitersburg. Hier wollte man sich auf den Einnahmen aus dem Gemeindeanteil aus der Einkommensteuer ausruhen, die allerdings die Gemeinde nicht selbst beeinflussen kann. Gleichzeitig wurden Investitionen fast komplett zum Erliegen gebracht. Und das bei einem noch guten Baupreisindex für Ingenieurbau, der sich seit 2016 leider um 50% verteuert hat, nach Daten des statistischen Bundesamts.

Warum dieser Rückblick?

Weil zu viel Schulden machen sich rächt, wie man weiß. Aber zu viel Sparen eben auch!

Wobei man hier eher von Streichen statt von Sparen sprechen muss, da es ja nicht um ein Anlegen eines Notgroschens ging. Jetzt jedenfalls haben wir den Salat.

Und wir können nur hoffen, dass wir uns in Zukunft mehr selbst helfen und endlich deutlich auch an den Einnahmen arbeiten.
Das Gewerbegebiet-Ost hatte sich nach nur 5 Jahren seit Erschließung amortisiert, so die Verwaltung. Seitdem gewinnt die Gemeinde, was man tatsächlich deutlich an den seitdem gestiegenen Gewerbesteuereinnahmen sehen kann.

Im wahrsten Sinne des Wortes sind wir aber nun aufgrund der Entwicklung gezwungen auch jede noch so kleine Ausgabe zu bewerten. Jeden Cent zweimal umzudrehen, wie man so schön sagt.
Deswegen tut ein jeder Cent, den wir streichen, doppelt und dreifach weh, wenn er auf Verbandsgemeindeebene für Themen eingestellt und ausgegeben wird, die wir selbst im Haushalt schmerzlich herausnehmen müssen.
Das betrifft insbesondere Vereine, Tradition und weitere freiwillige, aber wichtige Ausgaben.
Die Gemeinde, so der Finanzstatusbericht der Verbandsgemeindeverwaltung, müsse weiterhin bemüht sein die Ausgaben und hier insbesondere die freiwilligen Leistungen auf das Notwendigste zu reduzieren.
Wie hoch die freiwilligen Leistungen der Ortsgemeinde sind, konnte uns die Verbandsgemeinde jedoch bisher nicht mitteilen.Selbst hat sie jedenfalls über 30.000 an Zuwendungen für soziale Verbände und Vereine sowie Kirchen, Schulen etc. eingestellt. Insgesamt über 2,6 Mio an freiwilligen Leistungen, die wir als Gemeinde über die Umlage mit zahlen.

16% Anteil der 7,4 Mio schweren Verbandsgemeindeumlage trägt Weitersburg mit fast 1,2 Mio. Und davon trägt die Gemeinde umgerechnet über 400.000 Euro nur an Ausgaben der freiwilligen Leistungen der Verbandsgemeinde.

Auch in Zukunft möchten wir die Vereine und Ehrenamtlichen aus unserer Ortsgemeinde bei Ihrer Arbeit unterstützen. Genau dafür engagieren wir uns im Gemeinderat.

Ich zitiere aus der FWG-Haushaltsrede von 2024:

“Wenn wir eine Kommune haben, die nur noch Pflichtaufgaben erfüllt, dann haben wir keine selbstverwaltete Ortsgemeinde mehr. Die kommunale Selbstverwaltung drückt sich in den freiwilligen Leistungen aus.”

Die Ortsgemeinde ist am unteren Ende des Streichen-Könnens angelangt. Die paar Tausender-Beträge, die noch im Haushalt sind, retten da gar nichts. Es ist Unsinn nur im Bereich Aufwendungen für “Sach- und Dienstleistungen” zu streichen, der mit 645.000 angegeben wird. Die Verbandsgemeinde muss ebenfalls deutlich ihre freiwilligen Ausgaben auf das Notwendigste reduzieren und die Umlage und damit die Belastungen auf die Ortsgemeinden reduzieren. Der Kreis sollte ebenso deutlich die Umlagen reduzieren. Dann wird das Bild etwas runder. Dann kann ich von einer kommunalen Familie sprechen.

Auch Sanierung und Ausbau der Schulturnhalle können wir uns vermutlich die nächsten Jahre aus dem Kopf schlagen. Das bedauern wir außerordentlich, da wir vor vielen Jahren und zu einem sehr viel günstigeren Baupreisindex einen Ausbau mit energetischer Sanierung anvisiert haben.
Viele Sanierungen und Projekte wurden und werden wieder verschoben. Das macht die Lage nicht besser.

Die Ortsgemeinde Weitersburg muss dringend ihre Einnahmen erhöhen. Hier redet sich die FWG schon über einem Jahrzehnt den Mund fusselig. Das ist kein Wunsch, das ist Pflicht. Es geht gerade mit rasanter Geschwindigkeit an die Geldbörsen der Bürger. Das darf nicht sein. Die nächsten Bürger-Belastungen, die anstehen, werden vermutlich die Wegebaubeiträge für die Wirtschaftswege.

Ohne Unterstützung von Gewerbe können wir absehbar die Lebensqualität im Ort nicht mehr halten.

Hätten wir im Ansatz die Gewerbesteuereinnahmen von 2021, wäre der Haushaltsentwurf in diesem Jahr vermutlich ausgeglichen.


An dieser Stelle ergreifen wir die Gelegenheit uns bei all denen zu bedanken, die sich in irgendeiner Art und Weise, sei es die Einsatzkräfte der Freiwilligen Feuerwehr, das DRK oder alle Vereine, die sich für die Ortsgemeinde ehrenamtlich engagieren. Ihr macht unseren Ort sicher, lebenswert und steht für Weitersburger Traditionen. Danke dafür.

Vielen Dank ebenfalls an Frau Hürter von der Verbandsgemeindeverwaltung für die Unterstützung bei den Haushaltsberatungen.

Die Freie Wählergruppe stimmt, vorbehaltlich der eventuellen Änderungen, dem vorgelegten Haushaltsentwurf 2025 zu.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

Jochen Währ
Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler Weitersburg.

Weitersburg, 06.02.2025