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Windenergie

Freie Wählergruppe:
Herr Ortsbürgermeister, lieber Jochen. Wir haben schon sehr viele Themen angesprochen, aber es scheint so, dass wir immer noch nicht das Ende erreicht haben. Könntest Du uns etwas zum Thema Windkraft bzw. Windenergie berichten?

Ortsbürgermeister:
Wir könnten vermutlich noch viele Dinge besprechen. Gerne gebe ich Auskunft zur Windkraft. Das ist ein sehr wichtiges Thema und hierzu wurde und wird leider sehr viel Unrichtiges oder Halbrichtiges verbreitet. Um das verstehen zu können muss man wieder etwas Zeit mitbringen.
Wer das wieder zur Kommunalwahl herausgeholte Gerede aus vergangenen Jahren hört, der Ortsbürgermeister habe im Alleingang einen Vertrag mit einem Windkraftunternehmen abgeschlossen, dem würde ich hier gerne mal einen besseren Einblick geben.
Behauptungen reichen nicht, Begründungen sind die Grundprinzipien der Argumentation! Ich kann letztendlich nur jedem empfehlen, um sich eine gute eigene Meinung zu bilden, immer mehrere Quellen anzunehmen und vor allem Begründungen und Nachweise zu achten.
Bei solch einer Behauptung drängt sich unweigerlich die Frage auf, darf das ein Ortsbürgermeister überhaupt im Alleingang (auf keinen Fall bei so einem Projekt) und was hätte er davon?

Ich fange vor ca. 10 Jahren an:

Wir hatten zu dieser Zeit mit dem Fraktionsvorsitzenden der SPD-Fraktion, Herr Langenstein, einen engagierten Windkraftgegner auf Gemeinde- und auch Verbandsgemeindeebene. Das wurde auch im damaligem Wahlprogramm zur Kommunalwahl 2014 zum Ausdruck gebracht oder auch in dem Artikel von 2015 - “SPD-Weitersburg sieht Windkraftplanung kritisch”.
Dementsprechend waren Mitteilungen und Beratungen zum Thema eher ablehnend und damit allgemein schwierig. Zu diesem Zeitpunkt ging es hauptsächlich um die Teilfortschreibung des Flächennutzungsplans auf Verbandsgemeindeebene und die Ausweisung von Konzentrationsflächen für Windkraft.

 

Freie Wählergruppe:
Gab es damals denn konkrete Anlässe?

Ortsbürgermeister:
Teilweise gab es diese. Im März 2016 hatte ich ein unverbindliches Informationsgespräch mit einem Unternehmen für Windkraft, welches an einer Windkraftplanung in der Gemeinde interessiert war. In der nächsten Ratssitzung im April hatte ich den Gemeinderat entsprechend über den Inhalt und die Informationen aus dem Gespräch per Mitteilung informiert. Letztendlich verblieb man damals so, dass man die Konzentrationsflächenplanung bzw. Teilfortschreibung “Windenergie” im Flächennutzungsplan abwarten wollte, um dann zu sehen was möglich ist und wie die Rechtslage ist.
Ein Jahr Später hat der Verbandsgemeinderat die Teilfortschreibung “Windenergie” eingestellt, da man aufgrund der Untersuchungen der damaligen Gegebenheiten keine möglichen Flächen mehr für eine Ausweisung eines Vorranggebietes für Windenergieanlagen gesehen hat. Damit stieg jedoch das Risiko, das Investoren Einzelanlagen beantragen können, da keine Steuerung vorhanden war.
Gerade hier sollte man in Weitersburg hellhörig werden, da die fehlende Steuerung im westlichen Gewerbegebiet ja auch zu Defiziten und unkoordinierter Bebauung geführt hat. Da bin ich schon froh, dass wir in dem Fall für die weitere Vorgehensweise - Gewerbegebiet West - im Gemeinderat einen Konsens gefunden haben.

Freie Wählergruppe:
Ja genau. Nun, wie ist es nach der Beendigung der Teilfortschreibung in Sachen Windenergie weitergegangen?

Ortsbürgermeister:
Da war die Folgejahre erst einmal Ruhe. In der Corona-Zeit ging es dann wieder, sagen wir “unerwartet”, los.

Freie Wählergruppe:
Wie das?

Ortsbürgermeister:
Ein Unternehmen und Anbieter für Windkraftanlagen hatte zum Unmut der Stadtverwaltung Bendorf in der Nachbargemeinde Privateigentümer angefragt hinsichtlich dem Interesse auf deren privaten Grundstücken Windkraftanlagen zu errichten. Zum Unmut der Stadt Bendorf schreibe ich, da eigentlich ja zunächst einmal bei einer Kommune hinsichtlich solch eines Vorhabens angefragt wird bevor man flächenhaft Privatleute anfragt. So wie 2016 in Weitersburg geschehen, erst einmal ein unverbindliches Gespräch zur Abstimmung mit Gemeinde. Die Stadtverwaltung Bendorf jedenfalls war gezwungen hier öffentlich aufzuklären, dass sie in die Anfragen des Unternehmens an Privatleute nicht involviert war und keine Kenntnis davon habe.
Nach einer Zeit ging das Gleiche in Weitersburg los. Im Oktober 2020 verfasste dazu die CDU-Fraktion einen 11 Punkte Fragenkatalog, den der Ortsbürgermeister doch bitte in der nächsten Ratssitzung beantworten solle. Ich zitiere aus der Anfrage:
“… nachfolgende Fragen, mit der Bitte die Antworten im nächsten Ortsgemeinderat vorzustellen und als Anlage dem Protokoll zur Niederschrift beizulegen.”
Soweit alles in Ordnung. Um so erstaunter war ich allerdings, dass die von der CDU-Fraktion erbetene Antwort zur nächsten Ratssitzung gar nicht abgewartet wurde, sondern schon vorher im öffentlichen Mitteilungsblatt ein Bericht erschien, der Ortsbürgermeister würde hier Informationen zurückhalten etc.. Auch ich war so wieder zu einer Stellungnahme gezwungen worden “vor” der erbetenen Beantwortung der gestellten Fragen.
Die Beantwortung der Fragen erfolgte dann regulär in der Sitzung am 29.10. mit dem Ergebnis, dass die komplette Verbandsgemeindeverwaltung, nicht nur die Ortsgemeinde Weitersburg, keinerlei Erkenntnisse zu den gestellten Fragen hatte, da das besagte Unternehmen bis dahin keinen Kontakt mit der Verwaltung gesucht hatte.

Freie Wählergruppe:
Wir verstehen, aufgrund der beendeten Teilfortschreibung gab es keine Steuerung und das Unternehmen hat zunächst mal Privatleute angefragt um eventuell schon mit mehreren Privatverträgen in der Tasche dann erst bei der Verwaltung anzufragen?

Ortsbürgermeister:
Das kann ich weder bestätigen noch verneinen. Es hat mich allerdings enttäuscht, dass der Ortsgemeinde nicht die Gelegenheit gegeben wurde die Fragen zu beantworten bevor solche Verdächtigungen öffentlich in einem Mitteilungsblatt geäußert werden.
Aufgrund der erfolgten Presseveröffentlichungen bat das Unternehmen um ein Treffen zu einer Projektvorstellung Windkraftplanung in Weitersburg. Es bedauerte die Presseveröffentlichungen und die daraus erfolgte Situation und sah sich kurzfristig verpflichtet zu einem Treffen mit der Ortsgemeinde.

Freie Wählergruppe:
Und das Treffen war dann erfolgt?

Ortsbürgermeister:
Ja und jetzt wurde es schwierig. Wir befanden uns inzwischen in einem Lockdown-Light aufgrund der Corona-Pandemie und nicht nur das, sondern ab Ende November in noch verschärfteren Regeln und im Dezember dann im erneuten Lockdown.
Ein Treffen konnte aber mit einem Vertreter des Unternehmens, mir und den Beigeordneten in gebührendem Abstand und weiteren Sicherheitsmaßnahmen Anfang Dezember im Sitzungssaal, also mit 4 Personen, stattfinden.
Es hatte sich herausgestellt, dass das Unternehmen durch Gespräche mit Landwirten in der Gemarkung Bendorf auf Flächen in Weitersburg aufmerksam gemacht wurde und so dann die Privatanfragen im Ort entstanden. Das Unternehmen hatte Vorstellungen und Ideen mitgeteilt, die ich dem Gemeinderat in der noch stattgefundenen Sitzung am 10.12. in der Schulturnhalle, unter Corona-Bedingungen, mitteilte. Aufgrund aktueller Entwicklungen und Pressemitteilungen aus der Verbandsgemeinde Vallendar hatte dann auch das erst genannte Unternehmen aus 2016 erneut nachgefragt, inwiefern für die Ortsgemeinde Windenergienutzung auf Gemeindeflächen in Frage kommt.
Kritik hatte es mir leider wieder eingebracht, der Ortsbürgermeister würde alles alleine machen, da kein Vertreter der CDU-Fraktion beim Gespräch live dabei war.

Freie Wählergruppe:
Schade, dass man hier keine Einsicht zeigte?

Ortsbürgermeister:
Nun was soll ich sagen, ich war schon mit 4 Personen mit mulmigem Bauchgefühl in das Treffen gestartet, nur kurze Zeit vor dem zweiten Lockdown. Da müssen zu einem Kennenlern-Informationsgespräch sicher nicht noch die Fraktionen dabei sein. Die CDU-Fraktion hat sich in der Wahlperiode bewusst komplett aus der Verwaltung und Verwaltungsverantwortung zurückgezogen und keinen eigenen Beigeordneten als Vertreter des Ortsbürgermeisters nominiert. Von daher muss man sich auch im Klaren sein “nicht” die Verwaltungsinformationen aus Beigeordnetenbesprechungen in Gänze zu kennen oder eben bei Vorstellungstreffen nicht dabei zu sein.

Freie Wählergruppe:
Wie ging es dann weiter?

Ortsbürgermeister:
Wie gesagt war erst einmal Lockdown. Dennoch gab es dann bis zum April 2021 drei Unternehmen, die Interesse zeigten. Der Hauptausschuss hat “einstimmig” im April die Verwaltung beauftragt, die Interessenten für Windkraftprojekte in Weitersburg für eine öffentliche Vorstellung einzuladen.
Im September fand dann ein Treffen der Stadt Vallendar, der Ortsgemeinde, der Kommunalberatung RLP und der Verwaltung statt.
Die Kommunalberatung RLP hatte beeindruckende Fachexpertise und hat den beiden Kommunen ein “Interessenbekundungsverfahren Windkraft” vorgestellt. Das Verfahren war rechtssicher, beinhaltete Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen, Vertragserstellungen, Bürgerbeteiligung usw.. Alle Beteiligten fanden diese Vorstellung sehr gut und so wurde dies zur Beratung gegeben.

Freie Wählergruppe:
Spannend, und wie hat der Rat den Vorschlag aufgenommen?

Ortsbürgermeister:
In Oktober und November 2021 hat Bauausschuss “einstimmig”, Hauptausschuss “einstimmig” und Gemeinderat “einstimmig” einen Grundsatzbeschluss gefasst, zur Windenergie in Weitersburg ein ergebnisoffenes Verfahren durchzuführen mit dem Ziel, die finanziellen und technischen Gegebenheiten zum Errichten von Windenergieanlagen im Gemeindegebiet zu klären. Und weiterhin die Kommunalberatung RLP GmbH zur Durchführung eines Interessen-Bekundungsverfahrens beauftragt.

Freie Wählergruppe:
Alles einstimmig. Das hört sich doch gut an.

Ortsbürgermeister:
Ja, die Kommunalberatung hat dann gearbeitet. Im Corona-März 2022 wurde dann eine Online-Einwohnerversammlung zum Thema Windenergie durchgeführt. Das war eine gute Veranstaltung mit professioneller Moderation, Präsentation der Energieagentur Rheinland-Pfalz zum Thema “Nutzen und Notwendigkeit der Windenergie”, das Planungsbüro Faßbender Weber Ingenieure hatte die “Räumlichen Planungen der Verbandsgemeinde” vorgestellt und nicht zuletzt hat die Kommunalberatung Rheinland-Pfalz GmbH “Handlungsoptionen der Gemeinde und weitere Schritte” präsentiert. Allen Teilnehmenden wurde Gelegenheit zu Rückfragen gegeben.
Im Mai 2022 hat der Gemeinderat erneut “einstimmig” Wertungskriterien für die Teilnahme an Verhandlungen zur Windenergienutzung in Weitersburg festgelegt.
Das Ergebnis des Interessenbekundungsverfahrens wurde im Gemeinderat im Oktober 2022 vorgestellt und ebenfalls erfolgte der wieder “einstimmige” Beschluss des Gemeinderates:
Der Ortsgemeinderat beschließt a) Flächen der Ortsgemeinde im benötigten Umfang der Firma Vattenfall zur Planung und Errichtung der Windenergieanlagen zur Verfügung zu stellen, b) die Kommunalberatung mit der Ausarbeitung des Pachtvertrags zu beauftragen, c) den Ortsbürgermeister zu ermächtigen, diesen Pachtvertrag abzuschließen.

Soviel zum Thema, der Bürgermeister hat alles alleine gemacht.

Freie Wählergruppe:
Ja, das Bild, was aktuell öffentlich dargestellt wird ist leider etwas anders.

Ortsbürgermeister:
Am 13.02.2023 haben dann Vertreter der Stadt Vallendar und der Ortsgemeinde Weitersburg die Pachtverträge für die Flächen zum Bau der Windenergieanlagen gemeinsam mit Vertretern von Vattenfall unterzeichnet.

Freie Wählergruppe:
Damit war es geschafft?

Ortsbürgermeister:
Damit gings los. Der Vertrag war zu den vom Gemeinderat über die Wertekriterien festgelegten Bedingungen geschlossen. Nur ein Monat später am 13.03.2023 hielt Vattenfall schon eine Info-Veranstaltung und haben für weitere Fragen und Informationen die Internetseite www.windpark-weitersburg.de eingerichtet, auf welcher man sich seitdem informieren oder auch nachfragen kann.
Sowohl der Stadbürgermeister der Stadt Vallendar als auch ich haben danach noch einmal mit einem Info-Bericht verschiedene zum Stand September bekannte Mehrwerte und Wertschaffungen eines Windparks vorgestellt.

Aktuell laufen die Planungen und Untersuchungen des Unternehmens Vattenfall und sobald es neue Informationen gibt, die bekannt gegeben werden können, werden diese auch bekanntgegeben.

Freie Wählergruppe:
Danke Jochen, wieder mal ein guter Einblick mit viel Hintergrundinformationen. Neugierig warten wir schon auf den

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